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Keller und Kelterhäuser

In den Glanzzeiten des Weinbaus (1500 bis 1750) gab es in Schneeberg ca. 75 Keller. Jeder Keller war in früheren Zeiten durch ein darauf stehendes Kelterhaus geschützt.


altes, verschwundenes Kelterhaus
Kelterhaus Fam. O. Reichert "Fronis"

Ein typischer Schneeberger Gewölbekeller

Bei den Schneeberger „Gewölbekeller“ handelt sich um sogenannte Tonnengewölbe. Diese sind architektonisch sehr alt. Schon die alten Römer hatten viele ihrer Bauwerke mit Gewölbedecken errichtet. Das Besondere an einem Tonnengewölbe besteht darin, dass das Gewölbe unter Spannung steht und daher freitragend ist. Das kann man an den beiden Übergängen zur Vorder- und Rückwand erkennen. Das Gewölbe liegt nicht auf den Wänden auf, sondern liegt direkt davor.

Als erstes wurde im hinteren Teil die Rückwand erstellt, danach links und rechts eine senkrechte Mauer (Stock) mit etwa 0,5-1,5 m Höhe aufgebaut. Damit wurde auch die Grundfläche des Kellers festgelegt. Wie hat man dann ein Gewölbe gebaut? Das geschah mit Hilfe eines sog. Leergerüsts. Das bestand aus einem halbkreisförmigen Bogen, war etwa einen Meter bis einen Meter fünfzig tief und bestand aus Holz. Dieses Leergerüst wurde mit Hilfe von Stangen hochgebockt und dann hat man die Steine außen hochgezogen und über das Gerüst gesetzt. Wenn der mittlere Stein (ein trapezförmiger „Schlussstein“) gesetzt war und das Gewölbe Spannung hatte, hat man die Stützen weggeschlagen. Das Leergerüst ist abgesackt und man konnte es weiterziehen und wieder hochbocken – solange bis man die gewünschte Kellerlänge erreicht hatte.

Mehrere Keller sind recht hoch ausgefallen, so dass man Platz für eine zweite Ebene hatte. Man hat Eisenringe angebracht, in die man Stangen gesteckt hat, über die Stangen hat man danach Bretter gelegt. So war oben Platz für Dinge und Lebensmittel, die dann unten nicht im Weg waren und an die die Mäuse nicht herangekommen sind.

Im Gewölbe befindet sich ein Durchlass nach oben, dorthin wo früher das Kelterhaus stand. In den meisten Kellern ist er im Scheitel des Gewölbes, teilweise ist er leicht seitlich versetzt. Dort oben im Kelterhaus hat man im Herbst die Trauben gekeltert. Den Traubensaft wollte man nicht außen herum hierher in den Keller transportieren, sondern durch diese Öffnung konnte man den frisch gekelterten Most mit Holzrinnen oder Lederschläuchen direkt nach unten ins Fass leiten.

Der Kellerboden besteht aus gestampftem Lehm. Er ist sozusagen die Klimaanlage des Kellers. Der Lehm ist atmungsaktiv. Er kann Feuchtigkeit und Nässe aufnehmen (z.B. durch heruntertropfenden Moscht). Wenn sich der Keller erwärmt sorgt die verdunstende Feuchtigkeit für die sogenannte Verdunstungskühle. Der Lehmboden sorgt damit dafür, dass die Temperaturen in einem guten Gewölbekeller über das ganze Jahr hinweg relativ konstant liegen. Ein guter Keller weist über das Jahr Temperaturen zwischen 4 Grad und 12 Grad Celsius auf. Man sieht: Die Keller erfüllten vor der Erfindung des Kühlschrankes hervorragend die Funktion Lebensmittel kühl zu lagern.

Im Herbst waren die Mietslöcher an den Seiten des Gewölbes sehr wichtig. Das Wort Mietsloch rührt von einer Strohmiete her, einem Strohbündel, mit dem das Mietsloch den Großteil des Jahres verschlossen war. Wenn im Herbst der Moscht in den Fässern zu gären anfing, wurde es im Keller gefährlich. Bei der Gärung entsteht Kohlendioxid, ein geruchloses Gas, das schwerer als Luft ist und sich hier über dem Boden sammelt. Um diese Gase aus dem Keller zu bekommen, hat man im Herbst die Mietslöcher und die Kellerschieber geöffnet und damit für Durchzug gesorgt. Mit den Kellerschiebern konnte zusätzlich die Temperatur im Keller beeinflusst werden. Tagsüber wurden die Schieber geschlossen, um die Wärme draußen zu halten. Spät abends wurden die Schieber geöffnet um die Kühle der Nacht in die Keller zu lassen.

Seitlich entlang am Gewölbe lagen auf Eichenholz-Fasslagern die Fässer. Nach dem Niedergang des Weinbaus wurde in den Weinfässern zunehmend Apfel-Moscht gelagert.

An der stirnseitigen Rückwand befinden sich ein oder sogar mehrere Nischen im Mauerwerk. Diese Nischen sind typisch für Schneeberger Gewölbekeller. Dort befanden sich üblicherweise empfindlichere Lebensmittel, zudem wurde dort die Kerze zur gleichmäßigen Beleuchtung des Kellers abgestellt. Sehr oft stand dort ein Steinguttopf mit Eiern, die man für den Winter eingelegt hatte. Das Eingangstor befindet sich fast immer an der vorderen Stirnseite des Kellergewölbes. Wenn der Eingang auf der Südseite liegt, ist das Mauerwerk meist sehr massiv aufgebaut. Oft führt dann ein bis zu zwei Meter langer Treppentunnel hinunter zum Eingangstor. Die Tür ist oft als Doppeltor ausgeführt. Durch diese Maßnahmen konnten die wärmenden Sonnenstrahlen vom Keller abgehalten werden.

Nach dem Übergang vom Weinbau zu Landwirtschaft und Obstbau wurden die Keller zunehmend zur Lagerung von Lebensmitteln und Futtermitteln genutzt. Die Weinfässer wurden durch Holzfässer für den "Odenwälder" Moscht ersetzt.


Lebensmittellagerung im Museumskeller
Fasslager und Stenner im Museumskeller

Kelterhäuser

Auf jedem Keller stand zur Blütezeit des Weinbaus ein Kelterhaus. Diese eingeschossigen Fachwerkscheunen hatten neben der Beherbergung der Kelter und des Arbeitsgerätes die Aufgabe, die darunter befindlichen Keller vor der Witterung zu schützen und die Wärme der Sonne abzuhalten. Die Gebäude waren in klassischer Fachwerk-Ständerbauweise mit Eichenholz- oder Weichholzbalken erstellt. Die Böden bestanden aus einer dicken Lehmschicht. Die Lehmausfachungen waren in klassischer Bauweise mit Steckhölzern (Stickscheiter) aus Eichenholz, Flechtwerk aus Haselnussstecken und Lehm mit Strohgemisch gefertigt worden. Die temperaturausgleichende Wirkung dieser Lehmbauweise trug wesentlich zum konstanten Klima in den Gewölbekellern bei.

In den Fachwerk-Kelterhäusern waren die typischen, aus Sandstein angefertigten Wein- und Moscht-Pressen untergebracht. Später folgten die ersten Spindel-Moscht-Keltern aus Gusseisen. Beim Keltern wurde der Rebensaft, und später der Apfelsaft mit Hilfe von Holzrinnen oder Lederschläuchen über eine Öffnung im Fußboden direkt in den Keller und in die Fässer geleitet.

Nach dem Wandel von Weinbau zur Landwirtschaft und Obstbau wurden die Kelterhäuser auch zur Lagerung von landwirtschaftlichen Gerätschaften wie Pflüge, Eggen und Fuhrwerksgeschirr verwendet. Auch für die Aufbewahrung von nicht täglich benutztem Werkzeug waren die Kelterhausscheunen der richtige Ort. Während viele der Schneeberger Gewölbekeller noch erhalten sind, mussten die meisten Kelterhäuser Wohnhausbauten weichen.

Heute gibt es nur noch drei, in leidlich gutem Zustand erhaltene Kelterhäuser. Das restaurierte Kelterhaus im Seifen ist seit 2016 in die bayerische Baudenkmalliste eingetragen. Es steht als KelterHausMuseum für die Blütezeiten des Wein- und Obstbaus und für das landwirtschaftlich geprägte Dorfleben unserer Vorfahren.


Hörschtebarles Kelterhaus
Westfassade KelterHausMuseum

Kellerrechte

Kellerrechte beinhaltet das Recht zur Nutzung eines Kellers, oder Teile eines Kellers. Das Nutzungsrecht des entsprechenden Lagervolumens im Keller ist losgelöst von den Eigentumsverhältnissen des Gebäudes. Das Recht ist im Grundbuch verbrieft und wird automatisch weitervererbt. Kellerrechte sind bei den Gewölbekellern in Schneeberg die Regel. Durch Erbteilung und Verkauf der Anteile solcher Rechte sind viele Keller aufgeteilt. Zwei bis vier Anteile in einem Keller sind keine Seltenheit. Ein Keller war sogar in sage und schreibe 16 einzelne Kellerrechte aufgeteilt. Diese Verhältnisse sorgten nicht selten zu Spannungen zwischen den Nutzern. Teilweise hatte der Besitzer eines Kelterhauses gar kein Recht auf Nutzung des Kellers unter seinem Gebäude.

Kellerrechte beinhalten das reine Nutzungsrecht. des Lagerraumes. Es entstehen aber keinerlei Kosten für dieses Recht. Kosten für Reparaturen am Gewölbe oder Gebäude muss der Eigentümer tragen. Aus diesem Grund werden Kellerrechte nur sehr selten veräußert. Wie sagt man in Schneeberg: "Dess frisst kee Broud, unn lait lang gut."

Lage der Schneeberger Weinkeller, erbaut bis Ende 18. Jahrhundert

Farbe Rot: noch vorhandene Keller/Kelterhäuser
Farbe Gelb: verschwundene Keller


Lageplan Orteingang bis Seifen
Lageplan Seifen bis Rütschle
Lageplan Schulstraße bis Ringstraße
Lageplan Schwarzviertel bis Hangweg
  • Konzeption: Bernhard Speth
  • Quelle: Jürgen Kuhn, Bernhard Speth
  • Foto: Bernhard Speth, Jürgen Kuhn
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