Hinweis: Führungen mit kulinarischem Angebot: nach tel. Rücksprache!
Der Grund für Weinanbau in Schneeberg und Umgebung liegt viele Jahrhunderte zurück: „Schuld“ daran sind die Mönche der ehemaligen Benediktinerabtei in Amorbach, das Kloster wurde im Jahr 734 gegründet. Sie wurden damit beauftragt, das Odenwaldvorland in Richtung Osten mitsamt dem danebenliegenden Bauland zu christianisieren. Auf Ihren Reisen mussten sie immer an unserem schönen, langgezogenen Sommerberg vorbei. Sie erkannten, dass unser Sommerberg für den Weinbau gute Voraussetzungen bot und sie waren es letztendlich auch, die den Weinbau hierher brachten.
Die Mönche damals waren Selbstversorger und mussten alles, was sie zum Leben benötigten, selbst anbauen bzw. anbauen lassen. Wann der erste Weinanbau konkret war, wissen wir nicht, mit großer Wahrscheinlichkeit aber noch vor dem Jahr 1000. Das Kloster war Grundherr aller Flächen (Die Oberhoheit und die weltliche Macht wurde vom Erzbischof von Mainz ausgeübt), der Wein-Zehnt wurde bis 1803 an das Kloster abgegeben.
Die erste urkundliche Erwähnung von Weinbau in Schneeberg stammt aus dem Jahr 1395. Wie groß das Gebiet damals war, wissen wir leider auch nicht, zu der Größe in der Hauptanbauzeit kommen wir später.
Die Schneeberger Weinberge waren ausschließlich auf dem Südhang. Das Schneeberger Anbaugebiet ging von der Grenze zu Amorbach bis in die Gottersklinge (ca. 2,4 km lang), in der Höhe (ca.300 HM) etwa bis zur heutigen Straße nach Neudorf.
Der Anbau erfolgte im Terrassenbauweise, dafür wurden etwa 35 km Weinbergsmauern (auf gut schneebercherisch: Mäüerli) erstellt. Etwa 20 km davon stehen heute noch, zum größten Teil verwildert, auf Wiesen, in Hecken oder viele auch mitten im Wald. Schneeberg war über Jahrhunderte der bedeutendste Weinanbauort der Abtei, aber auch in Amorbach, Kirchzell und Weilbach (hier sind heute noch zwei Weinberge vorhanden) gab es große Anbauflächen.
Der durch die eingeschlagene Jahreszahl nachweislich älteste Keller Schneebergs stammt aus dem Jahr 1557 (Anwesen Speth). Etwa 75-80 Keller wurden vor 1811 erbaut, es existieren heute immerhin noch ca. 60 Stück davon. Erbauer waren Familien (Winzer) und die Gasthäuser, es waren alles reine Weinkeller! Das erklärt auch, warum es auf den umliegenden Höhengemeinden keine alten Keller gibt, dort wurden alle erst nach 1850 erbaut. Über den Kellern stand stets ein Kelterhaus, in dem die Weinlese gelagert und gekeltert wurde. Zwei Drittel der Schneeberger Keller sind am Sommerberg und ein Drittel am Winterberg.
Das Bachbett des Marsbachs war früher nicht vertieft, deshalb war das Tal oft ein Überschwemmungsgebiet. Die Keller wurden deshalb an die Hänge am Ortsrand gebaut. Am Sommerberg – Vorteil: nahe Wege – jedoch viel Sonne und Wärme. Am Winterberg – Nachteil: weiter Weg durch die Furt in dem Bach, es gab noch keine Brücken – jedoch keine Probleme mit der Wärme im Keller.
Die Hoch-Zeit des Weinanbaus in Franken war im 16. Jahrhundert. Die Zeit zwischen 1530 und 1590 war das sogenannte „Goldene Zeitalter des Frankenweins“. Miltenberg wurde in dieser Phase zu einer bedeutenden und wohlhabenden Weinhandelsstadt. Miltenberg verdoppelte damals seine eigene Weinanbaufläche auf ca. 400 Hektar. Die Handelsmetropole Nürnberg entwickelte sich zum zentralen Umschlagplatz für den Frankenwein.
Die Nachfrage nach Wein war damals so hoch, dass der Weinbau im Maintal dafür nicht reichte. So wurde auch hier im Bereich der Abtei Amorbach Wein gekauft. Durch diese Nachfrage und die guten Ernten kamen unsere hiesigen Winzer zu Geld und konnten sich nun endlich auch den Bau von Gewölbekellern leisten. Vorher, als man noch keine Gewölbekeller hatte, mussten sich die Winzer mit Gruben im Boden behelfen, die man mit einer Holzkonstruktion abdeckte.
Damals galt leider auch oft: Masse ist wichtiger als Klasse! Auf einem Hektar Rebfläche wurden bis zu 60 Hektoliter Wein erzeugt!
Zwischen 1793 und 1796 kam es in unserer Region durch Spätfröste dreimal zu einem Totalausfall der Traubenernte. Für die damals 71 Vollerwerbswinzer (nur 12 Bauern!) eine Katastrophe, denn kein Wein bedeutete auch kein Essen. Die Abtei in Amorbach, die immer noch das Sagen hatte, gab die Order aus: Weinbau aufgeben, Kartoffeln anbauen und Obstbäume pflanzen! Unser Sandboden hier war für beides sehr gut geeignet. Viele damalige Winzer gaben dadurch den Weinanbau auf. Ab 1803 auch verstärkter Obstanbau durch Initiative des Fürstenhauses Leiningen.
Eine erste konkrete Angabe zur Weinbaufläche haben wir erst aus dem Jahr 1803, als der Fürst zu Leiningen die aufgelöste Abtei übernahm. Obwohl der Weinbau damals (1803) schon im Niedergang war wurden 209 Morgen, das sind etwa 70 Hektar, Weinberge gezählt.
Als Gründe für den Rückgang nach 1800 sind die Auflösung der Weinbau treibenden Klöster, die zunehmenden französischen Weinimporte, die schlechte Vermarktungslage qualitativ minderer Weine wie auch die einschneidenden Veränderungen des Trinkverhaltens durch das Vordringen des Bieres und des Bohnenkaffees zu nennen. Auch der Weinanbau in Schneeberg war ab dem 19. Jahrhundert immer unattraktiver, viele der restlichen Winzer vernachlässigten ihre Weinberge. Um 1880 war dann der endgültige Niedergang des Weinbaus in Schneeberg besiegelt.
(Hinweis: Die Reblaus ist in Franken erstmals 1902 aufgetaucht, ist also nicht relevant für den örtlichen Niedergang)
In Schneeberg wurde hauptsächlich Riesling angebaut. Dieser war sauer und hatte wenig Alkohol. Dem Wein wurden zur besseren Genießbarkeit Honig und Kräuter zugesetzt. Ein Erwachsener trank pro Tag zirka 2,5 bis 3 Liter Wein.
Wein war auch Ersatz für das mit Jauche verschmutzte Brunnenwasser. Aus Wein konnte man natürlich auch Essig herstellen. Durch die Säure des Essigs konnte man Lebensmittel einlegen und lange aufbewahren. Der Wein diente durch Verkauf dem Lebensunterhalt der Bürger. Mit Wein wurden Lehrer, Pfarrer, Bürgermeister und Handwerker im Dorf bezahlt.
Dass der Weinbau in Schneeberg lange Tradition hatte und äußerst wichtig war, kann man an den Flurnamen, die heute noch vorhanden sind, ablesen. „Wengert“ im Dialekt heißt Weinberg. Es gibt z.B. die Gebiete Herbeswengert, Bauernwengert, Hollerwengert und andere mehr. Die heutigen Straßennamen Urbanusweg und Weinbergstraße zeugen ebenfalls noch vom ehemaligen Weinbau.
Bei Bittprozessionen, bei denen um eine gute Ernte gebetet wurde, wurde die Figur des hl. Urbanus mitgetragen. Der Hl. Urbanus, auch Weinpatron genannt war Heiliger und Helfer für Winzer, Wein, Wetter und schützte auch vor Trunkenheit. St. Urban (Frankreich, 5. Jahrhundert) versteckte sich vor Verfolgung hinter einem Weinstock.